#forschendesentwerfen

Die städtebauliche Entwurfslehre baut auf der Grundlage konzeptionell-analytischer Untersuchungen auf. Die Auseinander-setzung mit verschiedenen Raumstrukturen in Bezug auf ihre Gestalt, ihre Funktion sowie deren Wahrnehmung und Bedeutung erfolgt auf den drei Maßstabsebenen: Region und Stadt, Stadt und Quartier, Quartier und Haus. Wir arbeiten mit strukturellen, räumlichen, kulturellen, sozialen, ökologischen, ökonomischen, technischen und atmosphärischen Kontexten, um Städte, Quartiere und Dörfer besser verstehen, die eigene Haltung besser reflektieren und neue Räume besser gestalten zu können.

Forschendes Entwerfen, abgeleitet aus dem englischen Research by Design ist eine etablierte Methode im Industriedesign, im IT-Bereich und zunehmend auch in der Architektur, der Urbanistik und der Landschaftsarchitektur. In diesen gestaltenden Disziplinen geht es stets um praxisnahe Fragestellungen, die eine grundlegend veränderte Umgebung betreffen oder diese selbst erst erzeugen sollen. Um aber mehr zu sein als nur Sammlungen subjektiver Entwurfsleistungen hat Research by Design als wissenschaftliche Forschung bestimmten Kriterien zu genügen. Beim forschenden Entwerfen werden vielschichtige, reale Aspekte mit ihren Wechselwirkungen in die Entwurfsprozesse experimentell eingebunden. Das Experiment besteht hierbei einerseits in der Modellierung eines räumlichen Entwurfs. Raumqualitäten werden im Modell „ausprobiert“, d.h. simuliert. Andererseits bietet das anschauliche Raummodell zusätzlich die Grundlage für eine Prozesssimulation unter allen beteiligten Real-Akteuren. Damit können mit Hilfe des forschenden Entwerfens auch prozessuale Qualitäten definiert werden. Im studentischen Wettbewerb werden gleichzeitig mehrere unterschiedliche Raummodelle zum gleichen Problem formuliert. Der strukturierte Vergleich, die Reflektion und die Auswertung dieser unterschiedlichen Ansätze bzw. Raummodelle führt zu neuer Erkenntnis über Programm, Gestalt, Wirkung und Prozess. Zwar ist jedes Erkennen subjektiv, aber die „Reflexion […] ist eine wesentliche Grundlage für einen wissenschaftlichen Erkenntnisgewinn im Forschenden Entwerfen.“1
(1 „Was Wissen schafft – Forschendes Entwerfen?“ Volker Kleinekort, Cornelia Redecker, Josef Rott, Sören Schöbel, Doris Zoller, veröffentlicht in: PLANERIN, SRL Berlin, August 2008)
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Schwarzen­stein, Altena

Studentischer städtebaulicher Ideenwettbewerb zur Umnutzung einer Industriebauruine an der Lenne
Der Schwarzplan von Altena verortet die Stadt entlang des Flusses im Tal der Lenne
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Im Studierenden­wettbewerb „Altena – Schwarzenstein“ beschäftigten sich Studierende mit Industriekultur und Lost Places. Dabei geht es um aktuelle Fragestellungen, wie z.B. Welche Bilder existieren über das industrielle Erbe entlang der Lenne? Wie kann das industrielle Erbe anders gedacht werden? Wie sieht das Lenne-Tal des 21. Jahrhunderts aus?

Im Projekt wurden diese Entwicklungs­fragen der transdisziplinären Diskussion mit der kommunalen Verwaltung und der Bevölkerung von Altena vor Ort konkret besprochen. Am kooperativen und transdisziplinären Entwurfsprojekt beteiligten sich rund 20 Studierende des Masterstudiengangs „Bauen im Bestand“ am Lehrgebiet Städtebau des Departments Architektur an der Fakultät Bildung • Architektur • Künste der Universität Siegen. Die Studierenden bearbeiteten als Entwurfsaufgabe eine zukunftsfähige Planungsstrategie für die Entwicklung der Industriebrache „Schwarzenstein“ in Altena. Im Laufe ihrer Semesterarbeit gestalteten die Studierenden diese und ihre direkt angrenzenden Bereiche. Im Sinne des „forschenden Entwerfens“ präsentierten sie ihre Entwürfe in einem iterativen, transdisziplinären Prozess der Politik und den Fachleuten vor Ort. Ziel der Kooperation für Altena ist es, auf Basis der studentischen Entwürfe und der zu erwartenden Vielfalt an Zukunftsbildern und Planungsideen, die nächsten Schritte für die Stadtentwicklung in Altena entlang der Lenne im Allgemeinen und der Industriebrache „Schwarzenstein“ im Speziellen ableiten zu können. Dabei gilt eine besondere Betrachtung dem Entwurf einer neuen, räumlichen, funktionalen und atmosphärisch qualifizierten, zukunftsfähigen städtebaulichen Entwicklung, die in einen nachhaltigen Rahmenplan integriert ist. In diesem Sinne sollten die Entwürfe der Studierenden auch unter den Aspekten des Konzepts „Lenneschiene 2.0“ betrachtet werden. Als Potentialfläche entlang der Lenneroute kommt dem Areal eine wichtige Rolle auch über die Stadtgrenzen Altenas hinaus zu. Der Wettbewerb endete mit der Preisverleihung an die besten Arbeiten und einer öffentlichen Ausstellung sowie einer Abschlussdiskussion der studentischen Ergebnisse im März 2023.

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Außenentwicklung vs. Klimaschutz, Frankfurt

Studentisches städtebauliches Entwurfsseminar zum nachhaltigen Stadtwachstum
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In Frankfurt am Main rechnet man bis 2030 mit einem Bedarf von rund 90.000 zusätzlichen Wohnungen. Unbebaute Randgebiete der Stadt geraten zunehmend unter Druck. Die Entwurfsaufgabe beschäftigt sich mit dem Weiterbauen Frankfurts Nordwesten. Wie kann Stadtwachstum einen ökologischen Mehrwert liefern? Wie entstehen lebendige Viertel mit kurzen Wegen, großer Durchmischung und hoher Freiraumqualität? Und wie plant und baut man eine solche Stadt gemeinsam?

Im städtebaulichen Entwurf befassten sich die Studierenden im Wintersemester 2020/2021 mit dem 102 Hektar großen Areal der „Josefstadt“ in Frankfurt am Main. Bis heute ist das Planungsareal „Josefstadt“ landwirtschaftlich genutzt und nur spärlich bebaut. Die umliegenden Stadtteile mit ihren unterschiedlichen stadtbauhistorischen Hintergründe bilden einen spannenden Planungskontext. Während Praunheim bis in die frühen 1900er Jahre eine eigenständige Gemeinde am Frankfurter Stadtrand war und erst 1910 eingemeindet wurde, sind die Siedlung Praunheim und die Nordweststadt Beispiele für die Frankfurter Außenentwicklung zwischen 1920 und 1980. Die Übergänge zur beplanenden Freifläche sind geprägt durch Privatgärten, größere Gewerbeansammlungen und Friedhöfen. Diese Ränder sind locker bebaut, aber an vielen Stellen lediglich für Fußgänger und Radfahrer durchlässig. 

Im Zentrum der Entwurfsaufgabe stand die Erarbeitung eines städtebaulichen Konzepts für ein neues, gemischtes Quartier auf Grundlage der Leipzig-Charta 2020. Sie formuliert drei transformative Handlungsbereiche als Leitlinien für integrierte Stadtentwicklung: die „grüne Stadt“, die „gerechte Stadt“ und die „produktive Stadt“. Die Studierenden untersuchten angemessene Bebauungs-, Freiraum- und Nutzungsstrukturen und entwickelten einen Rahmen für eine nachhaltigen Außenentwicklung